Bauimpressionen aus Weimar

Neubau des Bauhaus Museums und Sanierung des Stadtschlosses
Der Arbeitskreis Baufachpresse e.V., ein Berufsverband für Baufachpublizisten, traf sich zu seiner  Jahrestagung 2018 Ende September in Weimar. Zum Tagungsprogramm  gehörte auch die Besichtigung kulturhistorischer Bauprojekte.
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Bild 1: Das neue Bauhaus-Museum in Weimar zeichnet sich durch eine klare geometrische Architektur aus. Die Fassade wurde aus Stahlbetonfertigteilen errichtet

Das Bauhaus, 1919 in Weimar gegründet, bekam innerhalb der reichen Erinnerungslandschaft Weimars erst 1995 seinen ständigen Platz: In der ehemaligen Kunsthalle am Theaterplatz wurde ein provisorisches bauhaus museum eingerichtet, das bis Anfang 2018 nur einen kleinen Ausschnitt der reichen Weimarer Bauhaus-Sammlung präsentierte.  Das Haus bot weder Raum für die zeitgemäße Präsentation der zahlreichen Bauhaus-Objekte, noch genügte es den heutigen museologischen und restauratorischen Anforderungen.

Im Jahr 2008 haben der Bund und das Land Thüringen die Klassik Stiftung Weimar mit dem Bau eines neuen Bauhaus-Museums beauftragt. Nach einem internationalen Architekturwettbewerb hat der Bau im November 2015 begonnen. Zum 100-jährige Gründungsjubiläum des Bauhauses wird das bauhaus museum weimar am 6. April 2019 eröffnen.

Im internationalen Architekturwettbewerb für das neue Bauhaus Museum in Weimar hatte Professorin Heike Hanada (laboratory for art and architecture, Berlin) sich unter mehr als 500 Wettbewerbsteilnehmern mit ihrem Entwurf durchsetzen können. Den rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Arbeitskreises Baufachpresse (ak baufachpresse) erläuterte Hanada in Weimar die architektonischen Besonderheiten des Neubaus.

Dieser solle bewusst einen Kontrapunkt setzen zu den umliegenden Gebäuden, so die Architektin, ein Prinzip der Offenheit symbolisieren. Die geometrisch klare Architektur sehe fünf Ebenen vor, wobei das Unter- und Erdgeschoss allen Besuchern frei zugänglich sei. In den drei Obergeschossen werde eine Werkstatt, die umfangreiche Sammlung sowie wechselnde Ausstellungen untergebracht, erläuterte Hanada.

Ein besonderer Bau

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Bild 2: Lüftungskanäle mit Zuluftauslässen, diese werden in der geschlossenen Decke kaum noch sichtbar sein

Dr. Jürgen Oecknick (PSA Zürich) zeigte die Herausforderungen, die dieser besondere Bau für Konstruktion, Fertigung und Montage mit sich brachte. Verbaut wurden für die Fassade (Bild 1) 400 Stahlbetonfertigteile für insgesamt 3 500 m² Fläche, wobei hohe Anforderungen an die Qualität des Betons gestellt wurden: Dauerbeständigkeit, einheitliche Optik, Kantenstabilität und Farbkonstanz sowie eine exakte Reproduktion der vereinbarten weiß-grauen Oberfläche. Um diese zu erfüllen, kam ein Weißzement von CRH aus dem Hause Rohoznik zum Einsatz.

Von der Umsetzung konnten sich die Fachjournalisten direkt an der Baustelle in drei thematisch unterschiedlichen Führungen überzeugen. Zum Thema Architektur und Ausstellungsdesign führte Architektin Hanada selbst durch das Gebäude.

Die Besonderheiten der Fassade und konstruktive Baustoffe sowie Details zur Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) – speziell zur Lüftung (Bild 2) – erläuterten Experten des Architekturbüros.

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Bild 3: Luftauslässe zwischen den Betonrippen

So war seitens des Museums eine Quelllüftung gewünscht. Ausgeführt wurde allerdings eine Mischlüftung. Die Zuluftauslässe sind zwischen den Betonrippen im Deckenbereich untergebracht (Bild 3). Zu der Lüftungsanlage gehören zwei Außenluftgeräte. Zur Entfeuchtung wurde ein Kaltwassersatz installiert.

Temperiert wird das Museum, außer im Untergeschoss, über eine Betonkernaktivierung, die in den Rippen integriert ist. Die Wärmezufuhr erfolgt über Fernwärme auf niedrigem Temperaturniveau von 60/40 °C. Das Untergeschoss wird über eine Fußbodenheizung von Uponor temperiert.

Kontrovers diskutiert wird in Weimar derzeit, ob die Betonfassade noch mit einer Glasfassade versehen werden soll, die dem „Bau eine leichtere, edlere und durchscheinende Anmutung“ verleihen könnte. Fest steht bisher nur, dass es zur Eröffnung des Museums im April 2019 noch keine Glasfassade geben wird.

Eine Bibliothek …

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Bild 4: Rokokosaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, die heute über ein modernes Brandschutzsystem verfügt

Weitere Highlights der Tagung für Baufachpresse war die Besichtigung des Stadtschlosses Weimar und der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, die am 02. September 2004 größtenteils ausbrannte. Durch das Feuer, das im Dachstuhl des Historischen Bibliotheksgebäudes ausbrach, gingen einzigartige historische Werke verloren und das Gebäude erlitt schwere Schäden.

Die oberen beiden Stockwerke der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählenden Bibliothek wurden zerstört. 50 000 Bände wurden vernichtet, 62 000 Bände zum Teil stark durch Wasser und Brand beschädigt. Ironie des Schicksals: Als der Brand ausbrach, war ein neues Brandschutzkonzept bereits in Arbeit.

Heute ist in der wiederhergestellten und 2007 neu eröffneten Bibliothek ein modernes und ausgeklügeltes Brandschutzsystem im Einsatz. Der historische Rokokosaal (Bild 4) aus dem Jahre 1766, Herzstück der Weimarer Klassik, wurde nach einer umfangreichen Trocknung des Gebäudes grundlegend saniert. Dank zahlreicher Spenden weltweit konnte die Sammlung zu fast 100 % wieder komplettiert werden.

Ein besonderer Schatz der Sammlung ist die erste Gesamtausgabe von Luthers Bibelübersetzung, die 1534 in Wittenberg erschien; sie konnte glücklicherweise gerettet werden.

Große Teile der wertvollen Sammlung sind erhalten geblieben, wozu mittelalterliche Handschriften, Inkunabeln, Globen und Landkarten sowie die weltweit größte Faust-Sammlung und Nietzsches Privatbibliothek gehören.

2005 wurde das lange vor dem Brand geplante neue Studienzentrum einschließlich des Tiefmagazins fertiggestellt. Für das Studienzentrum wurde ein für die Geschichte Weimars bedeutsamer historischer Gebäudekomplex mit dem Roten und Gelben Schloss nutzbar gemacht. Der Schlösserkomplex ist ein Gefüge verschiedenartiger Baukörper aus unterschiedlichen Bauepochen und diente zuletzt als Sitz der Stadtverwaltung.

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Bild 5: Eines der beiden Torhäuser des Schlösserkomplexes, über diese wird die Außenluft für die Lüftungsanlage des Tiefmagazins zugeführt
Bilder: Bliesener/ak baufachpresse

Die Baukörper des Studienzentrums und des Historischen Gebäudes sind durch das Tiefmagazin für einen Buchbestand von 1 Million Bänden unterirdisch miteinander verbunden.

Die benötigte Außenluft für die Belüftung der unterirdischen Räume wird, für den Betrachter kaum wahrnehmbar, über die beiden Torhäuser (Bild 5) des Schlösserkomplexes der Lüftungsanlage zugeführt.

… und ein Schloss

Obwohl offiziell ab Juli 2018 bereits geschlossen, wurden für den ak baufachpresse ausnahmsweise die Türen des Weimarer Stadtschlosses nochmals geöffnet. Hier sind umfangreiche Sanierungsmaßnahmen geplant, die in dem Bauzeitraum von Herbst 2018 bis Ende 2021 durchgeführt werden sollen. Die Wiedereröffnung ist für 2023 vorgesehen.

Im Erdgeschoss des ehemaligen Residenzschlosses der Weimarer Herzöge entsteht das Besucherportal der Klassik Stiftung, im ersten Obergeschoss, der Beletage, wird es eine völlig neu konzipierte Ausstellung geben. Große Bereiche des Schlosses werden kostenfrei zugänglich sein.

Für die Graphischen Sammlungen entsteht ein Tiefdepot im Bereich des Burgplatzes mit direkter Anbindung an den Südflügel des Schlosses, wo im Erdgeschoss die Restaurierungswerkstätten und im Obergeschoss der Vorlegesaal und ein Seminarraum untergebracht sein werden. Als „kunsthistorisches Kraftzentrum“ mit internationalen Spitzenwerken von Albrecht Dürer bis Andy Warhol werden die Graphischen Sammlungen künftig zum öffentlichen Bereich des Stadtschlosses gehören.

Die Gesamtinstandsetzung des Weimarer Stadtschlosses wird jeweils zur Hälfte mit insgesamt 40 Millionen Euro gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages sowie dem Freistaat Thüringen. Für das Tiefdepot werden 8,4 Millionen Euro aus dem Hilfsprogramm „Hochwasser 2013“ von Bund und Ländern bereitgestellt.

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Besichtigung des Bücherkubus im Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek
Bild: Bliesener/ak baufachpresse

Der Arbeitskreis Baufachpresse e.V.

Der Arbeitskreis Baufachpresse ist als anerkannter Berufsverband ein einzigartiges Kommunikationsnetzwerk.

Die baupublizistisch tätigen Mitglieder decken nahezu das gesamte Spektrum des Bauens, angefangen bei Architektur und Planung, über die einzelnen Sparten des Tiefbaus, Hochbaus und Ausbaus bis hin zum Ingenieurbau, dem übergreifenden Baumanagement, der Technischen Gebäudeausrüstung wie auch dem Facility Management ab.

Zu den Mitgliedern zählen neben den angestellten und freien Pressefachleuten aus allen baurelevanten Medienbereichen publizistisch tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den PR-Abteilungen von Verbänden, Institutionen und Unternehmen der Bauwirtschaft sowie aus PR-Agenturen.

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