Nahwärmenetz und Wohnungsstationen an einem ungewöhnlichen Ort verbunden
Standort Norddeich. Nach Angaben der Nordsee-Camp-Betreiber zählt der Platz heute zu den 100 besten in Europa. Er wird es auch hinsichtlich seines Neubauprojekts und des damit verbundenen Energieversorgungskonzepts sein.
Bild 1: Das Projekt aus der Vogelperspektive: Der Campingplatz Nordsee-Camp Norddeich erweitert sein Areal um 46 Chalets. Das Projekt soll bis Ende des Jahres fertiggestellt sein Bild: Nordsee-Camp Norddeich GmbH
An dem Ort, auf dem sich der Campingplatz „Nordsee-Camp Norddeich“ (Bild 1) befindet, stand rund 90 Jahre lang die Küstenfunkstelle „Norddeich Radio“. Die sogenannten „KüFuSt“ leiten Nachrichten von und zu Schiffen weiter – Norddeich Radio funkte bis zum 31. Dezember 1998, danach war Schluss.
Während das eine verging, baute sich das andere auf und aus: 1983 wurde der Campingplatz mit ca. 250 Stellplätzen eröffnet und ist seitdem in privater Hand. 1995 investierten die Betreiber in eine erste große Platzerweiterung. Heute stehen ca. 550 Stellplätze zur Verfügung und in Spitzenzeiten können bis zu 1.800 Gäste auf dem Gelände unterkommen.
Der Platz hat sich inzwischen profiliert und auch ein beachtliches Renommee aufbauen können: So erhielt er zum Beispiel mehrere Jahre in Folge den „Camping.Info-Award“, eine Auszeichnung, die die gleichnamige Online-Plattform vergibt. Mit mehr als 23.000 Campingplätzen aus 44 europäischen Ländern gilt sie als der meistbesuchte Online-Campingführer im deutschsprachigen Raum und der Award wird nur anhand von Gästemeinungen vergeben.
Bild 2: Die Häuser haben Wohnflächen zwischen ca. 30 und 50 m2. An Komfort fehlt es kaum. Jedes Chalet verfügt auch über eine Terrasse, Loungemöbel inklusive Bild: Klaus Reinders Fotografie
Zwei Szene-Trends
Es gibt in jener Szene zwei Trends: Der eine ist das Chalet und der andere ist das Glamping. Das Chalet kommt als Begriff aus der französischen Schweiz und bezeichnet einen Haustyp, der ein Satteldach besitzt und aus Holz gebaut oder zumindest damit verschalt ist.
Der Begriff hat längst in der Freizeitbranche Einzug gehalten – als Synonym für kleine Ferienwohnungen oder Ferienhäuser, die vermehrt auch auf innovativen Campingplätzen anzutreffen sind.
Das Nordsee-Camp Norddeich bietet schon seit 2016 28 Chalets zur Miete an. Glamping ist ein Kofferwort aus den Worten Glamorous und Camping. Diesen weltweiten Trend der Reisebranche gibt es seit ca. 20 Jahren und er beschreibt im Grunde genommen ein luxuriöses Ferienhaus.
Die Nachfrage danach ist groß. Glamping-Unterkünfte gibt es inzwischen auf vielen Campingplätzen.
Glamping an der Küste
Mit dem aktuellen Projekt wird die Norddeicher Ferien- und Campingplatzanlage in diesem Jahr um 46 Chalets in Fertigbauweise erweitert, mit gehobenem Ausstattungsniveau: Die Gebäude (Bild 2) bieten Platz für vier bis sechs Gäste und sie verfügen z. B. über LED-TV, Glasfaser-Anschluss, Duschbad, Boxspringbetten, ein separates WC sowie eine Terrasse plus Loungemöbel.
Einige Chalets werden rollstuhlgerecht eingerichtet, in anderen werden Badewannen mit Whirlpool-Funktion und Infrarot-Sauna inklusive sein. Es wird vier Gebäudetypen geben, je nach Größe (die Häuser haben Wohnflächen zwischen ca. 30 und 50 m2) und Ausstattung. Gebucht werden kann auch einfach online.
Neuer Nahwärme-Akzent
Bild 3: Die Wärmeversorgung der Chalets basiert auf einem Nahwärmenetz, das seine Energie aus einem zentralen Kesselhaus bezieht. Der Clou ist, dass dieses Netz um Wohnungsstationen ergänzt wird, die eine individuelle Raumwärme und Warmwasserversorgung punktgenau möglich machen. Bild: PfH Planungsteam für Haustechnik, Mülheim/Ruhr
Innovativ ist die herkömmliche zentrale Warm- und Frischwasser-bereitung auf dem Platz bislang nicht. Es handelt sich um ein zentrales Kesselhaus mit einem 400-kW-Gasbrennwert-Kessel plus 25 m2 Solarthermie und einem 4.000 l fassenden Pufferspeicher. Die Wärme wird dann über ein Nahwärmenetz verteilt.
In dem neuen Projekt kommt allerdings eine interessante Facette hinzu. Zwar wird auch hier die zentral erzeugte Wärme über ein Nahwärmenetz (Bild 3) auf die Verbraucher verteilt. Dieses wird aber in jedem neuen Glamping-Haus um eine Wohnungsstation ergänzt.
Charme von Wohnungsstationen
Wohnungsstationen sind u. a. aus dem Geschossbau bekannt. Ihr Vorteil ist, dass sie die von zentraler Seite vorgelieferte Wärme nutzen. Damit erzeugen sie Raumwärme und Warmwasser – dezentral, wohnungs- und bedarfsbezogen sowie individuell geregelt. Gleichzeitig kann der Verbrauch wohnungsgenau erfasst werden. Wohnungsstationen sind zudem vormontierte, kompakte Bauteile, die als Auf- oder Unterputzinstallation realisiert werden. Der Installationsaufwand ist also vergleichsweise gering.
Hinzu kommt der gestiegene Anspruch des Verbrauchers, dem Trinkwassersystem jederzeit und möglichst ohne lange Verzögerung viel warmes Wasser entnehmen zu können. Wohnungsstationen bieten genau diesen sehr hohen Warmwasserkomfort. Komfort meint dabei hauptsächlich die Ausstoßzeiten, also die Wartezeit, bis Wasser mit einer bestimmten Temperatur an einer Entnahmestelle entnommen werden kann.
Außerdem lassen sich über Wohnungsstationen die Hygiene-Anforderungen der Trinkwasserverordnung gut erfüllen. Sie kommen zunehmend auch im Fall von Sanierungen von Bestandsgebäuden und Heizungserneuerungen zum Einsatz. Hier können sie mit den unterschiedlichsten Heizsystemen kombiniert werden, dazu zählen hybride Heizsysteme, Solar, Wärmepumpen, BHKW in Grundlast und natürlich fossile Feuerungen.
Bild 4: Es ging u. a. darum, eine optimale Wärmedämmung in allen Trassenbereichen herzustellen, auch, um den Verlust an den Verbindungsstellen so gering wie möglich zu halten. Verwendet wurden vorgedämmte Rauthermex-Leitungen mit einem FCKW-freien PU-Hartschaum Bild: Rehau AG & Co. KG
Erster Blick aufs Detail
In Norddeich werden 46 Wohnungsstationen des mittelständischen Unternehmens malotech GmbH verbaut. malotech sitzt im münsterländischen Beelen (NRW). Das Unternehmen zählt sich zu den führenden Herstellern von Warmwasser-Systemen in Deutschland.
In diesem Projekt handelt es sich um die Wohnungsstationen des Gerätetyps MWSH (M), die in den Varianten Unterputz und Aufputz ausgeführt werden können.
Die Zapfleistung der M-Variante beträgt 15 l/min (10/45 °C). Sie wird außerdem als XL-Variante mit einer Zapfleistung von 21 l/min angeboten. Diese Durchflussleistungen bewegen sich in der am Markt üblichen Größenordnung.
Ausgeführt wurde das Projekt von der Firma J. Brose Heizungsbau aus Norden.
Für das Projekt wurden die Wohnungsstationen kundenspezifisch angepasst (Bild 4). „Hier sind wir flexibler als große Mitbewerber“, sagt malotech-Geschäftsführer Marc Losch. So sind z. B. in den Stationen dynamische Regelventile verbaut, die den hydraulischen Abgleich sehr leicht ermöglichen. Es handelt sich außerdem um elektronisch geregelte Wohnungsstationen.
Gegenüber Stationen älterer Generationen, die oft noch mit mechanischen PM-Reglern ausgestattet sind, erreicht man mit diesen Systemen deutlich geringere Druckverluste auf der Trinkwasserseite, was sich u. a. vorteilhaft auf die Dimensionierung von Druckerhöhungsanlagen auswirkt und letztendlich in Kostenersparnissen mündet. Elektronisch geregelte Wohnungsstationen garantieren zudem die schnelle und zugleich präzise Ausregelung der Warmwasser-Solltemperatur, auch bei Lastwechseln, und damit einen hohen Komfort.
Bild 5: malotech aus dem münsterländischen Beelen lieferte die 46 Wohnungsstationen, die als Aufputz-Installation ausgeführt wurden. Ein Vorteil des Anbieters liegt in seiner projektbezogenen Flexibilität
Ostfriesische Note
Last but not least gibt es in dem Projekt auch eine besondere ostfriesische Note, bezogen auf das zu installierende Nahwärmesystem. Der Grundwasserspiegel ist infolge der nahen Nordsee hoch. Das Rohrsystem liegt praktisch im Schlick (Bild 5). Realisiert hat die Umsetzung die Rehau AG.
Im Kern ging es einerseits darum, die Leitungen und insbesondere die rund 300 Verbindungen auf den 980 Trassenmetern (Doppelleitungen, Leitungslänge insgesamt 1.960 m, Zuleitung vom Kesselhaus 170 m Trasse) gegen das anstehende Grundwasser zu schützen.
Andererseits ging es darum, eine optimale Wärmedämmung in allen Trassenbereichen herzustellen, auch, um den Verlust an den Verbindungsstellen so gering wie möglich zu halten. Verwendet wurden vorgedämmte Rauthermex-Leitungen mit einem FCKW-freien PU-Hartschaum mit einer äußerst geringen Wärmeleitfähigkeit von unter 0,02 W/mK.
Zwei neue zentrale Frischwasserstationen
Ein weiteres Projekt war die Modernisierung der Sanitäranlagen im zentralen Sanitärgebäude des Platzes (u. a. 22 Duschen und 63 Waschbecken). Im Rahmen dieses Projekts wurden auch zwei große Frischwasserstationen installiert. Verbaut wurden zwei malotech fresh classic, die es grundsätzlich in den Varianten mit und ohne Zirkulationspumpe und in einer Bandbreite mit Schüttleistungen von 23 l/min bis 206 l/min gibt.
Im konkreten Fall sind nun zwei 171/129-Module (Zapfleistung je 171 l/min, 10/45 °C) in Form einer Kaskade in Betrieb, in Verbindung mit einer externen Zirkulationspumpe. Damit die malotech-Stationen gleichmäßige Laufzeiten haben, kommt es in der Kaskade zu Führungswechseln.
Temperaturregulierung per Bypass
Insbesondere bei großen Frischwasserstationen spielt die Regulierung der Vorlauftemperatur eine nicht unerhebliche Rolle, um eine möglichst konstante Warmwassertemperatur ins Netz zu geben. „Der Massenstrom leistungsstarker Pumpen lässt sich nicht uneingeschränkt nach unten regulieren, sodass ohne Mischer bei geringeren Zapfraten unerwünschte Temperaturüberhöhung entstehen würden, verbunden mit Komforteinbuße und einem höheren Verkalkungsrisiko“, beschreibt malotech-Geschäftsführer Losch das Problem.
Dadurch, dass kühleres Wasser aus dem Rücklauf dem Vorlauf über einen Bypass zugemischt werde, lasse sich die Temperatur jedoch trotz größeren Massenstroms regulieren. „Ein weiterer positiver Effekt ist, dass dem Pufferspeicher immer nur so viel Wasser entnommen wird, wie nötig. Der Rest des Massenstroms wird dem Vorlauf über den Bypass in der Station zugeführt, sodass die Umwälzung des Pufferwassers deutlich gemindert wird“, berichtet Losch.
Die Regelung der Frischwasserstationen ist mit einer intelligenten Software ausgestattet. Sie erkennt den Zapfbetrieb und unterscheidet diesen vom Zirkulationsbetrieb. Bei diesem wird von der Pumpe gerade so viel heißes Wasser in den Wärmetauscher gezogen, dass die gewünschte Warmwassertemperatur nicht überschritten wird. „Unerwünschte Temperaturüberhöhungen des Netzes im Zirkulationsbetrieb werden so effektiv vermieden“, resümiert Losch.
Bild 6: Zufriedene Gesichter hinter dem Nordseedeich: v.l.n.r.: Dipl.-Ing. Joachim Brose, Geschäftsführer des ausführenden SHK-Betriebs J. Brose, Nordsee Camp Geschäftsführer Lars Tjaden und Malotech Vertriebsleiter Heiko Bosse Bilder 5 u. 6: malotech GmbH
Bautafel
Objekt: Aufbau eines Nahwärmenetzes in Verbindung mit Wohnungsstationen für 46 Chalets in Norddeich
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