Klimastabilität garantiert gleichbleibend hohe Präzision

Neue Messräume ermöglichen Prüfung von Ventilen mit ± 5 µm Genauigkeit
Um die Qualität ihrer Ventile sicherzustellen, führt die Festo AG & Co. KG bei all ihren Produktreihen umfassende Funktions- und Lebensdauertests durch. Damit jedoch die hochsensiblen Messgeräte die erforderlichen Genauigkeitswerte von ± 5-7 µm erreichen können, sind nur minimale Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen in der unmittelbaren Messumgebung zulässig.
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Bild 1: Am „Impulsgeber für die Automation der Zukunft“, wie das Unternehmen den 2015 eröffneten Standort nennt, wird neueste Technologie mit modernsten Mitteln entwickelt

2015 eröffnete die Festo AG & Co. KG die Technologiefabrik Scharnhausen: Am „Impulsgeber für die Automation der Zukunft“, wie das Unternehmen den Standort nennt (Bild 1), wird neueste Technologie mit modernsten Mitteln entwickelt. Der Schwerpunkt des Werks liegt dabei auf der Herstellung von Ventilen und Ventilinseln.

Um die Qualität der Produkte sicherzustellen, werden sie noch vor Ort umfassenden Funktions- und Lebensdauertests unterzogen, die in speziell konstruierten Messräumen durchgeführt werden. Früher nutzte Festo hierfür teilklimatisierte Räume.

Allerdings hat sich die durch die Klimaanlagen verursachte Zugluft auf die Messergebnisse ausgewirkt. Deswegen entschied sich das Unternehmen 2014 dazu, einen Messraum bei der Nerling Systemräume GmbH in Auftrag zu geben.

Planung unter Einbezug individueller Anforderungen

Erste Anfragen gingen sogar bereits 2013 bei Nerling ein: Festo bezog das Unternehmen frühzeitig in die Planung ein, da der Messraum Bestandteil des neuen Werkskonzeptes war.

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Bild 2: Die Anlage sollte unter eine Besucherplattform eingebaut und der Überstand aus optischen Gründen mit einer Dachschräge versehen werden

An die Räumlichkeit, die für die Serienbetreuung der spanenden Fertigung und Montage eingesetzt wird, wurden dabei konkrete Anforderungen gestellt: Der Messraum der Güteklasse 3 sollte im neuen Gebäudekomplex in Scharnhausen entstehen.

Der Auftrag umfasste zudem einen Messmittelraum, in dem auch feine Tastkugeln (kleinster Durchmesser 0,25 mm) beziehungsweise Tastelemente aufbewahrt werden, die beispielsweise für Messungen in Bohrungen sowie an Flächen und teilweise auch Freiformflächen im Scanverfahren verwendet werden.

Die Anlage sollte unter eine Besucherplattform eingebaut und der Überstand aus optischen Gründen mit einer Dachschräge versehen werden (Bild 2). Dies machte eine exakte Medienplanung erforderlich, um alle Komponenten und Versorgungsleitungen in der Zwischendecke unterzubringen.

Darüber hinaus war ein großer Sichtbereich angedacht, mithilfe dessen sich Interessenten einen Überblick über die Einrichtung verschaffen können.

Für eine größere Außenwirkung wünschte sich Festo zudem die Ausführung der Räume in den Farben ihrer Corporate Identity.

Sensible Messgeräte erfordern klimastabile Messräume

Die Messgeräte von Festo stellen hohe Ansprüche an ihre Umgebung: Sie benötigen eine Bezugstemperatur von 19 bis 21 °C und eine relative Luftfeuchte von 40 bis 60 %. Diese Anforderungen entsprechen der Güteklasse 3 der VDI/VDE 2627. Somit wurden für den Messraum einheitlich folgende Temperaturgradienten angesetzt: 1 K/h, 2 K/d und 0,5 K/m.

Für die Kühlung des Messraumes plante Nerling anfangs die Nutzung eines Kaltwassernetzes, das bauseits in dem Hallenneubau installiert wurde. Als dann jedoch im Frühjahr 2015 planmäßig die Auslieferung und Montage stattfand, stellte sich heraus, dass die zugesagten Eigenschaften an der Übergabestelle nicht realisiert werden konnten, was zu Temperaturproblemen innerhalb des Messraums führte.

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Bild 3: Um eine durchgängige Klimastabilität zu gewährleisten, wurden zusätzlich begehbare Schleusen integriert. So lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt eine Messgenauigkeit von 5 – 7 µm erreichen

Zusammen mit allen Beteiligten konnten jedoch Lösungen entwickelt werden, die heute für ein stabiles Temperaturverhalten sorgen. Um eine durchgängige Klimastabilität zu gewährleisten, wurden zusätzlich begehbare Schleusen integriert (Bild 3). So lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt eine Messgenauigkeit von 5 bis 7 µm erreichen.

Insgesamt wurden ausnahmslos erprobte Nerling-Systeme und -Komponenten eingesetzt, die jedoch teilweise an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden mussten. Die Stärke des Unternehmens liegt darin, Kundenprobleme umfänglich zu erfassen, Lösungen mit dem Kunden gemeinsam zu entwickeln und diese mit  bewährter Technik umzusetzen.

Dazu zählt auch die eingebaute SPS: Aufgrund der hohen Ansprüche nicht nur bezüglich Temperaturkonstanz, sondern auch an die Feuchteführung, war eine individuelle Steuerung erforderlich. Deswegen entschied sich der Systemraum-Experte für eine frei programmierbare, zentrale SPS mit Nerling Software.

Über ein 15-Zoll-Touchdisplay, das in eine Wand der Raumanlage integriert ist und relevante Parameter anzeigt, können bequem alle Klimakomponenten einschließlich der Zuluft geregelt werden. Darüber hinaus lassen sich auch Störmeldungen ausgeben und über ein Modul Fernwartungen durchführen. Bisher hat sich die Steuerung als wartungsarm und zuverlässig erwiesen.

Zweiter Messraum beauftragt

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Bild 4: Im Zuge der Messraumrealisierung im Bau 55 – dem Neubau – ergab sich ein neuer Bedarfsfall im Bau 50. So erhielt Nerling einen weiteren Auftrag für einen Messraum.
Bilder: Festo AG & Co. KG

Noch bevor das erste Projekt abgeschlossen war, konnte sich Nerling bereits über einen Zusatz-Auftrag freuen: Im Zuge der Messraumrealisierung im Bau 55 – dem Neubau –  ergab sich ein neuer Bedarfsfall im Bau 50.

Auch bei diesem Problem wurde gemeinsam nach der optimalen Ausführungsvariante gesucht und schnell ein geeigneter Standort gefunden: Dieser war als Produktionsfläche ungeeignet, aber für den Messraumausbau problemlos nutzbar.

So entstand ein weiterer Messraum, der in diesem Fall der Güteklasse 2 entspricht. Die Herausforderung in diesem Fall bestand darin, dass die gesamte Technik hinter Verblendungen im Messraum selbst untergebracht werden musste.

Letztendlich entschied man sich, alle notwendigen Komponenten auf einem Technikpodest im Raum zu positionieren.

Die Messräume wurden im Frühjahr 2015 in Betrieb genommen und durchliefen eine vierwöchige Testphase, die sie störungsfrei bestanden haben.

Festo bewertet die Zusammenarbeit in dem gemeinsamen Projekt als angenehm: „Besonders der kundenfreundliche Service und die zeitnahen Lösungsansätze werden positiv in Erinnerung bleiben“, so Rainer Hermann, Leitung Mess- und Prüftechnik Scharnhausen bei Festo.

Weitere Informationen unter Festo und Nerling.

Autor

Dipl.-Ing. (FH) Olaf Nerling, Geschäftsführer der Nerling Systemräume GmbH.