Statt Einzelgänger sind in Zukunft Grenzgänger gefragt

Industrieverbund und Gewerke-Netzwerk
Es gilt, über Kooperationen mehr Synergien zu erzielen. Anhand einer Einfamilienhaus-Kernsanierung in Neuenkirchen (Kreis Steinfurt, NRW) lässt sich gut zeigen, wohin die Entwicklung bei Gewerken und Anbietern geht. Im Verbund wurden beheizte Bodenaufbauten realisiert.
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Bild 1: Blick auf das Einfamilienhaus in Neuenkirchen (Kreis Steinfurt, NRW), das kernsaniert wurde

Klassische Denkweisen in abgegrenzten Feldern werden es in Zukunft schwerer haben. Aufgrund der Weiterentwicklung der Technik am Bau, insbesondere im Sanierungsmarkt, verschwimmen die Gewerkegrenzen immer mehr und der Fachkräftemangel kommt erschwerend noch hinzu. Also gilt es, Gewerke zu vernetzen, indem Kooperationen gebildet werden.

Das gilt aber nicht nur für Handwerksbetriebe, sondern auch für Hersteller, die produzieren und zugleich Komplett-Lösungen am Markt anbieten wollen. Ihr Konzept sind Industrieverbünde, die mit Hilfe verschiedener Partnerunternehmen das ganze Spektrum von der Beratung über die Planung und schließlich der Umsetzung abdecken. Ein solcher Industrieverbund soll einmal über ein Praxisbeispiel der herotec GmbH Flächenheizungen beschrieben werden.

Praxisbeispiel herotec

Warum herotec? Das Unternehmen aus Ahlen ist seit über 40 Jahren am Markt und seither innovativ und immer am Puls der Zeit. Kürzlich beispielsweise wurden die Ahlener für ihr tempusFLAT-KLETT-System mit dem Green Product Award 2021 ausgezeichnet.

Ebenfalls im Jahr 2021 wurde das Produktportfolio um die Sparte elektrischer Flächen- und Begleitheizungen erweitert. Durch die Übernahme der Oberhausener Electrical Heating Concepts GmbH (EHC), spielt man damit auf einem weiteren zukunftsträchtigen Feld. Nicht zuletzt wurde das Thema Industrieverbund stark ausgebaut. So unterhält herotec zu fast allen namhaften Unternehmen der Bauchemie und weiteren Industriepartnern einen intensiven Austausch, der in individuelle Aufbauempfehlungen für Architekten und Bauherren mündet.

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Bild 2: Eine Herausforderung für den neuen Fußbodenaufbau war, dass es im Haus drei verschiedene Untergründe gibt

Drei Partner in Neuenkirchen

Im genannten Fall handelt es sich um die Kernsanierung eines Einfamilienhauses (Bild 1) in Neuenkirchen (Kreis Steinfurt). Gefordert waren dort beheizte Bodenaufbauten mit sehr geringen Aufbauhöhen, wobei es ferner drei verschiedene Untergründe zu berücksichtigen galt (Bild 2).

Die notwendigen Arbeitsschritte vor Ort erstreckten sich vom Rohbodenausgleich, inklusive der jeweiligen Abdichtungen und Grundierungen, über die Montage des Fußbodenheizung bis hin zur Verlegung eines Dünnestrich-Systems.

herotec arbeitete bei diesem Projekt mit zwei Industriepartnern zusammen: der Uzin Utz AG und der Innotech Systemtechnik GmbH.

Die Ulmer Uzin Utz AG hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1911 von einem Klebstoffhersteller zu einem weltweit agierenden Komplettanbieter für Bodensysteme entwickelt.

Die Innotech Systemtechnik aus Rheine ist ein Spezialist für die Montage von Styroporschüttungen, Fußbodenheizung und Estrich.

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Bild 3: Einer der ersten Schritte: Grundierung des Fußbodens mit dem Grundierungsmittel von Uzin

Die ersten Schritte

Im ersten Schritt wurde in Teilbereichen eine Abdichtung gegen Erdreich eingebaut, danach erfolgte die jeweilige Grundierung (Bild 3).

Im nachfolgenden Schritt wurde die Ausgleichsschicht eingebaut mit Hilfe der Styroporschüttungen von Innotech – mit entsprechenden Spezialmaschinen.

Das Auftragen einer Kratzspachtelung brachte zusätzliche Ebenheit und Stabilität in den Rohbodenausgleich.

Verlegen der Heizkreise

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Bild 4: Nach Einbau der Ausgleichsschicht über eine Styroporschüttung konnte der Einbau der Fußbodenheizung von herotec erfolgen

So vorbereitet konnte dann der Einbau der Fußbodenheizung vorgenommen werden (Bild 4). Bei der herotec tempusFLAT-KLETT DS-Lösung, die in Neuenkirchen verbaut wurde, handelt es sich um eine sehr flache Kunstfaserdeckschicht (2 mm) mit Klett-Technik.

Das Vlies kann mit Schere oder Cuttermesser zugeschnitten und durch die rückseitige Klebefläche auf dem Boden fixiert werden.

Das mit Klett umwickelte Rohr (10 mm Klettrohre) wird dann auf dem Vlies ohne die Notwendigkeit von Werkzeug in Form einer Ein-Mann-Montage sicher und im Vergleich zu herkömmlichen Noppenplattensystem zudem sehr schnell befestigt.

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Bild 5: Weitere Schritte waren u. a. die Anschlüsse der Leitungen an den Heizkreisverteiler

Die kreisrunden Ausstanzungen ermöglichen einen festen Verbund der Spachtelmasse mit dem Untergrund. Dadurch reicht eine 5 mm Überdeckung der Heizrohre aus, um eine stabile Lastverteilung zu erzielen. Weitere Schritte in dieser Bauphase waren dann u. a. der Anschluss an den Heizkreisverteiler (Bild 5) und die Dichtigkeitsprüfung.

Abschließender Estricheinbau

Beim abschließenden Estricheinbau kam dann das von Uzin neu entwickelte Pump-Mobil zum Einsatz (Bild 7). Es mischt vor Ort die Gips- oder Zementspachtelmasse an und pumpt sie dann in gleichbleibend hoher Qualität direkt auf die vorgesehenen Flächen.

Dank der starken Pumpe können laut Uzin 6 t dünn- oder dickschichtige Spachtelmasse in der Stunde aufgebracht werden. Gepumpt wird bis 40 m Höhe und 160 m Weite, der mühsame Transport von Gebinden in einzelne Stockwerke entfällt also. Nicht nur an dieser Stelle wird auch deutlich, dass Verbund neben der Bündelung von Kompetenz bedeutet, Equipment zusammenzubringen, das ein einzelnes Unternehmen für ein solches Vorhaben in der Summe ggf. nicht hat (Bild 8). Das Ergebnis nach Verguss der Spachtelmasse war ein gewünschter, absolut planebener Boden. Frei von jedwedem Waffelmuster, wie man sie von Noppensystemen kennt. Es gibt hierbei keinen Nachsickerungseffekt und das bei voller Rohrumschließung.

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Bild 6: Bei der abschließenden Estricheinbringung kam das von Uzin neu entwickelte Pump-Mobil zum Einsatz

Verbund bringt mehr

Neuenkirchen ist ein schönes Beispiel dafür, wie über einen Industrieverbund gemeinsam Projekte angeboten und gestemmt werden können, die jeder einzelne so für sich nicht umsetzen könnte.

Der Vorteil solcher Verbünde ist ja auch, dass man sich im Vorfeld die Partner aussuchen kann, was sonst auf der Baustelle oft dann nicht der Fall ist, wenn Gewerke separat beauftragt werden und jeder nur an seinen Bereich denkt, aber eben nicht ans Ganze.

Leider oft genug treten dann Abstimmungsprobleme, Effizienz- und Zeitverluste auf – zum Ärger für alle, und auch Mängel.

Gesamtlösungen gefragter

Das Ziel sind Gesamtlösungen für den Kunden aus einer Hand. Angebote ohne unübersichtliche Schnittstellenaufteilungen also, die transparent und nachvollziehbar erklärt werden können. Für Kunden, Architekten und Bauherren wird das zunehmend attraktiv(er).

Im Wohnungsbau (sowohl im Neubau als auch im Bestand) führt aktuell u. a. die Sektorkopplung dazu, dass auch das Handwerk vermehrt lernen muss, vernetzt und technikübergreifend zu denken.

Info → herotec und auf youtube.

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Bild 7: Verbund bedeutet auch, Equipment zusammenzubringen, das ein einzelnes Unternehmen für ein Vorhaben allein ggf. nicht hat
Bilder: herotec GmbH Flächenheizung, Ahlen

Problematik Schnittstelle

Die Schnittstellenkoordination auf der Baustelle ist ein altbekanntes Problem. Allein für das Thema Flächenheizungen hat der Bundesverband Flächenheizung und Flächenkühlung (BVF) in Zusammenarbeit mit 17 anderen Verbänden 2018 seine aktualisierte Publikation „Schnittstellenkoordination bei Flächenheizungs- und Flächenkühlungssystemen in bestehenden Gebäuden“ herausgebracht (zum kostenlosten Download unter www.flaechenheizung.de). Eine weitere Publikation gibt es zum Thema auch für den Neubau.

Kompetenzen erweitern

Das Thema Verbund ist nicht nur auf Industrie-Unternehmen beschränkt. Diese werden zunehmend auch aktiv, Handwerksbetriebe einzubeziehen. So bietet herotec seit Mai 2017 das Weiterbildungs-Programm Wärmebodentechniker für Estrichunternehmer erfolgreich an. Bereits 35 Betriebe haben sich schulen lassen. Die Resonanz ist auf Unternehmer- wie auch auf Kundenseite durchweg positiv, berichten die Ahlener: Planer, Architekten und Bauherr freuen sich über nur einen Ansprechpartner im Bereich des Fußbodenaufbaus und der ausführende Betrieb kann seine Arbeit durchgängig erledigen, was zu Zeitersparnissen führt und Schnittstellenproblematiken entgegenwirkt.

Der gesamte Bodenaufbau wird nun durch den Wärmebodentechniker umgesetzt. Vom Rohbodenausgleich über die Wärmedämmung bis zur Montage der Fußbodenheizung inclusive Heizkreisverteiler. Den Abschluss bildet der Estrich teilweise inclusive der Oberböden. Das ist nun Aufgabe eines zentral dafür geschulten Teams.